Aufgestaute Sommerhitze über der hügeligen Ebene. Ein intensiver Geruch liegt in der Luft, markant, fast körperlich greifbar, etwas beißend und urtümlich. Frischer Schweiß vermischt sich mit dem Geruch von Leder, dem rauchigen Duft nach lagerfeuerriechender Kleidung und der markanten Note von Waffenöl.
Waffenöl das die Kettenhemden der rund vierzig Krieger direkt vor mir, glänzen lässt. Sie bilden mit ihren schweren Helmen, Rundschilden, Äxten, Speeren und Schwertern die Front unseres überschaubaren Wikinger-Heeres. Unter ihren glänzenden Brillen- und Nasalhelmen, auf dem die gnadenlose Sommersonne knallt, kochen sie regelrecht. Tauschen will ich nicht mit ihnen. Denn ich selbst stehe nur leicht gerüstet, ohne Helm, eine Linie hinter ihnen an der rechten Flanke. Meine Axt und der Dolch hängen an meinem Gürtel. Der Riemen über meiner linken Schulter hält den Köcher voller Pfeile und in der linken Hand halte ich meinen Langbogen. Als Bogenschütze bin ich hier unter den Wikingern eine absolute Ausnahme, aber ich weiß eben was ich kann, denke ich zumindest.
„Hey Loki, triffst du den?“
Wir alle beobachten was sich vor uns abspielt. Geschrei, Geplärr, Kommandos hallen über die weite Wiesenfläche und prallen an unserem Schildwall ab als würden sie uns nichts angehen. Denn dort vorne außerhalb der Pfeilreichweite finden Kämpfe statt. Das „Lager des Chaos“ jagt gemeinsam mit den Orks die letzten Truppen des „Lagers des Lichts“. Unser Heerführer hat befohlen abzuwarten. Wahrscheinlich um dann geordnet den aus der Formation fallenden Sieger platt zu machen. Ein paar der Kämpfer vor uns versuchen zu flüchten, kommen in unsere Richtung und werden dabei verfolgt. Auch ein feindlicher Bannerträger ist unter ihnen.
„Hey Loki, triffst du den?“ fragt mich beiläufig und nicht ganz ernst gemeint der Führer der rechten Flanke. Ich blicke auf die kleine Gruppe Flüchtender. Sie sind nun an der maximalen Grenze zur Reichweite meines Bogens, sie rennen, straucheln, zwischenzeitlich verändern sie immer wieder leicht die Richtung. Sie rennen wie die Hasen, dazu kommen noch gelegentliche Windböen, kurz – es ist unmöglich sie zu treffen. Dafür verschwendet man keinen kostbaren Pfeil.
Unmöglich
Doch ich sage nichts, stattdessen trete ich seitlich aus der Formation. Lege den Pfeil auf die Sehne, spanne in einer fließenden Bewegung den Bogen bis zum Äußersten. Jetzt nicht denken, sondern fühlen in welchem Abschusswinkel ich den Bogen halte, wie weit ich vorhalten muss, wie sich das Ziel eventuell bewegen wird. Ich lasse den Pfeil in steilem Winkel von der Sehne schnellen. Bleibe unbewegt stehen und verfolge die Flugbahn des Pfeiles wie in Zeitlupe. Um mich herum angespannte Stille. Die Gruppe rennt noch immer, fluchend und stolpernd.
Mein Pfeil erreicht seinen höchsten Punkt zum Himmel und beginnt nun schneller werdend dem Boden entgegen zu rasen – genau auf die Gruppe des Bannerträgers zu. Einschlag, Aufschrei – mein Pfeil trifft ihn im Rennen, am rechten Oberschenkel – und er stürzt ins weiche Gras. Ohrendbetäubender Jubel um mich! Mir wird auf die Schulter geklopft bis sie fast blau ist, ich grinse von einem Ohr zum anderen, während ich verlegen zu Boden blicke und mein Bogen triumphierend der Sonne entgegenstrecke. Was für ein Schuss, so ein Moment ist einmalig, einer den man nie mehr vergisst.
BLUTGREIF
Das war keine erfundene Geschichte aus einem Fantasy- Film oder Buch. Auch war es kein Traum, sondern passierte im Sommer 2016, auf meiner letzten LARP (Live Action Role Playing) Veranstaltung als „Spieler“. Das war mein Highlight, der eigentlich unmögliche Schuss – voll ins Schwarze. Danach gab es nur noch ein LARP/Fantasy Projekt für mich. Unseren selbstgedrehten Fantasy Film zu Ende zu bringen. Sozusagen als Abschluss bevor ich dieses vielseitige, aber auch etwas anstrengende Hobby an den Nagel hing um mich meinem Projekt „ANIMALPERSON“ voll und ganz zu widmen.
Dieser selbstgedrehte Film war ein privates Mamut Projekt. Kein Budget, keine ausgebildeten/gelernten Schauspieler, Filmtechniker und Kameraleute. Nur eine kleine Gruppe motivierter Verrückter, die kaum Termine fanden, an denen sie gemeinsam Zeit hatten, um am Film weiterzuarbeiten. Und so zog sich das Filmprojekt über neun Drehtage, viele Tage Planung und Besprechungen, sowie wochenlanger Nachbearbeitung, von Februar bis November 2016. Steinbrüche, Wälder, Felder, 700 Jahre alte Stadttürme und Burgruinen um Würzburg waren genutzte Kulissen. Aber auch Greifvögel und Drohnen kamen zum Einsatz. Kurz vor Weihnachten, nach mehrwöchiger Filmbearbeitung (Schnitt, Bilderbearbeitung, Vertonung, Spezial Effekte) konnten wir dann stolz unseren Kurzfilm „BLUTGREIF“ veröffentlichten.
Schaut ihn euch gern an und denkt daran – niemand der mitgewirkt hat ist darin ausgebildet, wir hatten kein Budget, vieles musste improvisiert werden und alles entstand in unserer Freizeit. VIEL SPASS!!!
Ps. Danke an alle die mitgewirkt haben! Es war mir eine Ehre!
PPS. Einen LARP-Kalender, unzählige Charaktershootings sowie drei Zeitschriftencover steuerte ich damals in meiner kurzen Zeit als “Fantasy-Fotograf” der Szene bei.
PPPs. Das LARP-Hobby beendete ich unter anderem, weil ich keine fiktiven Abenteurer mehr “spielen“ wollte. Stattdessen wollte ich echte Abenteuer erleben. Was daraus wurde lest ihr in meinem Buch „ÜBERLEBEN – Als Wildhüter inAfrika“.